Verkehrspolitik und -planung müssen sich stärker an den Ansprüchen von Frauen bzw. Menschen, die Care-Arbeit leisten, ausrichten.
Care-Arbeit: Andere Ansprüche an Verkehrsinfrastruktur
Frauen leisten in der Schweiz noch immer einen Grossteil der Care-Arbeit (Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, Einkäufe, Nachbarschaftshilfe etc.). Menschen, die Care-Arbeit leisten, legen komplexe Weg-Ketten zurück: Auf dem Arbeitsweg das Kind in der Kita abgeben oder abholen, unterwegs einkaufen gehen, Angehörige zur Therapie bringen: Häufig werden mehrere Erledigungen in einem Weg kombiniert, bzw. es gibt mehrere Stopps, häufig im nahen Wohnumfeld. Die Wegketten bestehen also aus mehreren Stationen. Menschen, die Care-Arbeit leisten sind daher vor allem auf engmaschige Fuss- und Velowegnetze sowie öffentliche Nahverkehrsverbindungen angewiesen.
Gemäss den Bundesämtern für Statistik und Raumentwicklung legen Männer zwischen 25 und 64 Jahren in der Schweiz täglich durchschnittlich 39 km zurück, Frauen rund 30 km. Die von Männern zurückgelegte Tagesdistanz ist also 23% länger als jene der Frauen. Dafür legen Frauen im Durchschnitt rund 5.5 km täglich für Einkäufe und Besorgungen und 2 km für Begleitungen zurück. Bei Männern sind es nur 4.7 km täglich für Einkäufe und Besorgungen und 1.7 km für Begleitungen. Für diese Care-Leistungen, die häufig im nahen Umfeld des Wohnortes liegen, legen Frauen also rund 17% längere Strecken zurück als Männer (Quelle: BFS, ARE – Mikrozensus Mobilität und Verkehr (MZMV) 2021, die verfügbaren Zahlen benennen nur Frauen und Männer, das Mobilitätsverhalten von non- binären Personen bleibt unsichtbar).
Verkehrsinfrastruktur für alle
Heute sind Städte und Agglomerationen, die Verkehrsnetze und öV-Fahrpläne zu einseitig auf Menschen ausgerichtet, die lediglich am Morgen zur Arbeit fahren und abends wieder nach Hause. Die öV-Linien führen sternförmig in die Zentren, für Menschen, die Care-Arbeit leisten, wären hingegen die Tangentialverbindungen zentral. Weiter ist die Verkehrsplanung immer noch zu stark auf das Auto ausgerichtet, obwohl sichere Wege für Velos und Zufussgehende für den Alltag eines Grossteils der Bevölkerung zentral sind.
Die Verkehrspolitik und die Verkehrsplanung müssen daher noch mehr die eigenständige Mobilität aller Menschen ins Zentrum stellen. Insbesondere die Bedürfnisse bisher vernachlässigter Gruppen – u.a. Menschen, die Care-Arbeit leisten – müssen angehört und priorisiert werden.
Wir fordern…
… zum nationalen feministischen Streik:
- öV-, Fuss- und Veloinfrastruktur müssen auf die Bedürfnisse aller Menschen ausgerichtet sein
- Ausbau des Netzes für Fuss- und Veloverkehr: mehr und sicherere Verbindungen
- Städte und Agglos der kurzen Wege
- Förderung eines engmaschigen öV, der nicht nur auf die Zentren ausgerichtet ist